Ein fast schon vergessenes Tal


„Es liegt im Piemont, an der Grenze zu Frankreich und gehört zu den cottischen Alpen“ beschrieb ich oft Freunden und Bekannten mein diesjähriges Urlaubsdomizil. Die meisten nickten nach dieser Aussage nachdenklich und schienen eher noch etwas orientierungslos. Die Rede ist vom Valle Maira, einem Sackgassental im südwestlichen Eck des Piemont. Auf den ersten Blick vielleicht ein Tal wie viele andere…auf den zweiten jedoch mit gewissen Extras und einladend zum Verweilen!

An sich gibt es mehrere Möglichkeiten das Valle Maira zu entdecken. Zu Fuß über den GTA (Grande Traversata delle alpi), den Etappenweitwanderweg „Percorsi Occitani“ oder auch per Sherpabus oder dem Rad.

Wir entschieden uns für die langsamste, dafür umso intensivere Fortbewegung das Wandern, und begannen unsere mehr oder weniger geplante Tour am Eingang des Tales in der kleinen Stadt Dronero.

Sieben Tage lang waren wir täglich unterwegs; von posto tappa zu posto tappa (das sind kleine Unterkünfte vom Landhaus bis zur Berhütte), von einem Berg oder Seitental über weitere Berge und Pässe ins nächste Tal; von einem vier-gängigen Abendessen zum nächsten 😊 (und dabei gab es täglich etwas anderes und keines glich einem anderen „cena“). In den ersten Tagen waren wir vor allem viel im Wald unterwegs auf alten Maultierpfaden oder entlang ehemaliger Grundstücksmauern. Entgegen kam uns…keiner; nicht einmal die Kühe, welche wir von weither hörten bekamen wir zu Gesicht. Hin und wieder kamen wir zu alten Dörfern oder Weilern und erhofften uns hier ein bisschen Zivilisation zu erleben. Teilweise fanden wir diese auch vor, doch dominierten eher komplett verlassene Bergdörfer oder Siedlungen mit vielleicht noch ein paar Sommer-Saisongästen.

Das Tal ist eines der am stärksten betroffenen Regionen in den Alpen, welche mit massiver Abwanderung und Infrastrukturverlust zu kämpfen haben. Doch es geht bergauf im Valle Maira, und das merkten auch wir!

Seit wenigen Jahrzehnten versuchen einzelne Personen und „talweite“ Initiativen das Valle Maira wieder zu beleben. Dies passiert peu à peu, im Einklang mit Einheimischen und vor allem der Natur, zumindest wird es versucht. Alte, ehemalige Verbindungswege werden wieder begangen und in den Percorsi Occitani eingebaut oder fast schon aufgegebene landwirtschaftliche Betriebe sind nun multifunktionell mit Gasthaus, Beherbergung, geführten Touren im Sommer und Winter und dem Verkauf von regionalen Produkten. Außerdem kann man im Falle das die Füße oder einfach die Freude am Gehen einmal streikt den Sherpabus in (laut Betreiber) alle Winkel des Tales bestellen und sich so von einer Etappe zur nächsten bringen lassen oder einfach nach einer Tagestour abholen lassen.

Was meiner Meinung nach auch sehr für das Tal spricht sind die regelmäßigen Busverbindungen und die wunderbaren Ausblicke während solch einer Busfahrt. Am Ende des Tales angekommen entschieden wir uns für den Abschluss unserer ursprünglich geplanten 14-tägigen Tour. Denn wie sagt ein altes Sprichwort so schön: „Man soll es belassen, wenn es am schönsten ist!

Somit stiegen wir in Acceglio in den Bus Richtung Dronero und schlängelten uns entlang der Maira, teilweise hatten wir wirklich das Gefühl wir würden auf ihr fahren 😊, die engen Talkurven hinaus. Nach einer Stunde und knappen 40 Kilometern hatten wir das Valle Maira schon wieder hinter uns gelassen…doch wir werden es eines Tages wieder vor uns haben! 😉

Nathalie Brunhölzl